Es hat sich etwas Grundlegendes geändert in Europa und in der Eurozone. Früher galten die Länder im Süden als "die Kranken" in der Gemeinschaft, die vom reichen Norden durchgefüttert werden müssen und die man nach Meinung einiger Pseudo-Experten "aus dem Euro ausschließen" müsse. Heute sieht es ganz anders aus: Griechenland, Spanien und Portugal wachsen deutlich schneller als Deutschland und Österreich. 2024 soll die portugiesische Wirtschaft um 1,7% zulegen, die griechische um 2,1% und die spanische gar um 3%. Bei uns hingegen stecken wir in der Rezession fest.
Ambitionierte Reformen führten zu griechischem Haushalts-Überschuss
Natürlich hat man den einstigen Sorgenkindern auch unter die Arme gegriffen, sie bekamen viel Geld aus dem EU-Wiederaufbaufonds Next Generation EU. Doch dafür haben sie die ambitionierten Reformen durchgeführt, die Brüssel für das viele Geld verlangt hat. Dass Griechenland heuer einen Budgetüberschuss von 16 Mrd. € erwirtschaftet ist nicht von selber passiert. Die Schwarzarbeit wurde wirksam eingedämmt, die Steuereuros fließen und als Folge kann man tatsächlich die Schulden reduzieren. So wie andere Südeuropäer haben sie unter dem Druck der europäischen Partner die Bürokratie abgebaut, die Verwaltung modernisiert, ihre Arbeitsmärkte flexibilisiert, Unternehmenssteuern gesenkt. Portugal erzielt ebenfalls Budgetüberschüsse. Spanien noch nicht, aber es profitiert überproportional vom Ausbau der erneuerbaren Energien (Sonne und Wind), die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen.
Jene Länder, die früher die Wachstumskaiser waren, sind hingegen in ihrer Reformunfähigkeit erstarrt. Das gilt im besonderen für Österreich. Ewig die gleichen verkrusteten Strukturen, jahrzehntelange Diskussionen, die zu keinen Taten führen, egal wer gerade regiert. Jetzt drohen aber Defizit und Staatsverschuldung dermaßen zu explodieren, dass zumindest einige Politiker erkannt haben, dass sich etwas ändern muss. Das reflexartige Nein der Interessenvertreter und der Landeshäuptlinge kann schon niemand mehr hören, wenn Vorschläge zu einer Strukturänderung in der Bildung, im Gesundheitswesen oder bei den Förderungen diskutiert werden.
Österreich muss sich endlich zu strukturellen Reformen aufraffen
Ja, die Bevölkerung in Griechenland hat gelitten, das Pro-Kopf-Einkommen ist noch immer viel niedriger als im "reichen" Norden Europas. Doch dafür ist die finanzielle Trendwende gelungen, es ist Geld für Investitionen da, von denen die Bürger profitieren werden. Noch ist nicht zu sehen, dass die geplante Drei-Parteien-Koalition in Österreich den Schalter umlegen kann: Weg mit den Doppel- und Dreifachgleisigkeiten im Sozialbereich, weg mit dem Förderdschungel, mit dem "Faktor 9" bei Vorschriften (in jedem Bundesland anders...), weg mit der Bevorzugung der eigenen Klientel, weg mit der Scheu vor einer vernünftigen Pensionsreform, das wäre einmal ein Anfang!
Nur wenn hier ein großer Wurf gelingt, wird es Verständnis in der Bevölkerung für Steuererhöhungen geben, ohne die man keine Zukunftsinvestitionen tätigen kann. Vielleicht ist es ja wirklich besser, in einem Defizit-Verfahren die "Keule" der EU und der EZB zu spüren, damit bei der Sanierung des Staates etwas weitergeht: Druck von außen als Muntermacher für die heimischen Politiker. Ansonsten besteht die Gefahr, wieder vieles auf die lange Bank zu schieben, wie es so gerne die österreichische Methode ist.
Der Vorschlag der Neos, dass die Landeshauptleute am Tisch sitzen sollen bei den Koalitionsverhandlungen macht Sinn: Denn nur mit deren Einbindung werden Reformen etwa im Gesundheitswesen oder bei den Förderungen funktionieren. Wer erinnert sich noch an die "Transparenzdatenbank", die ein ÖVP-Finanzminister vor fast 15 Jahren erfunden hat? Da ein Teil der Länder bis heute nicht mitmacht, ist es unmöglich, Mehrfachauszahlungen zu erkennen und zu eliminieren. Vielleicht geht den Verhandlern über Weihnachten ja doch das berühmte Licht auf - denn sonst sieht es finster aus im Staate Österreich.
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