
Angeblich leben wir in einer freien Marktwirtschaft. Das bedeutet, dass Unternehmen, die erfolgreich sind, Gewinne machen. Davon zahlen sie ihre Steuern. Was übrig bleibt, können sie investieren, an ihre Aktionäre ausschütten oder auf die hohe Kante legen. Wer Verluste schreibt, wird über kurz oder lang pleite gehen und aus dem Markt ausscheiden. Soweit die Theorie und teilweise auch die Praxis.
Darf der Staat nun eingreifen und sagen: Halt, du machst viel zuviel Gewinn, wir brummen dir eine Sondersteuer auf? Die Antwort lautet: Im Prinzip nein, aber...
Zwei Ausnahmen fallen mir ein, die es durchaus rechtfertigen können, dass der Gesetzgeber eingreift: Der eine Fall betrifft neue Technologien, die derart hohe Gewinne abwerfen, dass sie von den bisher üblichen Steuermodellen nicht erfasst werden bzw. diese umgehen. Damit sind die Internet-Giganten von Google bis Amazon oder Apple gemeint, bei denen man es verabsäumt hat, sie angesichts der weltweiten Vormachtstellung adequat zu besteuern und die inzwischen einen unermesslichen Reichtum angehäuft haben.
Große Banken dürfen nicht pleite gehen
Der zweite Fall betrifft Unternehmen, die "systemrelevant" sind für die gesamte Wirtschaft, aber gewissen staatlichen Regeln unterworfen sind wie Banken oder Energiekonzerne. Womit wir endlich beim Thema sind: Finanzinstitute spielen in einer westlichen Volkswirtschaft eine zentrale Rolle. Sie vergeben Kredite zu gewissen Zinssätzen und nehmen auf der anderen Seite Einlagen zu bestimmten Konditionen an. Das ist ihr Kerngeschäft. Die Banken sind, heißt es, das "Schmiermittel" für die gesamte Wirtschaft. Denn ohne Geldflüsse bricht das System zusammen.
In der Finanzkrise 2008 bestand die Gefahr, dass große Banken pleite gehen. Im Fall von Lehman Brothers in den USA geschah dies auch mit fatalen Folgen. Vereinfacht gesagt gibt es zwei große Probleme: Wenn die Wirtschaft z.B. durch eine politische Krise in der Schockstarre ist, sinkt die Nachfrage nach Krediten dramatisch. Die Banken machen kein Geschäft mehr. Dafür reicht sogar das Gerücht, dass es einem Institut schlecht geht, um einen "Bankrun" auszulösen: Alle Bürger, die sich um ihr Geld sorgen, wollen dies auf einmal abheben. Die Bank hat diese Liquidität nicht und geht pleite.
Das darf nicht passieren und daher greifen im Fall einer Vertrauenskrise die Notenbanken ein, in der Eurozone ist es die EZB. Sie flutete in der Finanzkrise die Institute mit Kapital, um Pleiten mangels Liquidität zu verhindern. Zusätzlich borgten sich viele Banken auch Geld vom Staat, weil ihr Eigenkapital zu niedrig war. Als es in den Jahren danach wieder mit der Wirtschaft aufwärts ging, normalisierte sich das ganze, die Geldinstitute konnten in der Regel das geborgte Kapital wieder (mit Zinsen) zurückzahlen.
Die Notenbanken greifen aktiv in die Gewinne der Institute ein
Das Ganze hatte zwei weitreichende Konsequenzen: Die Notenbanken leiteten eine lange Phase der "Nullzinspolitik" ein, um Geld und Kredite billig zu halten und die Erholung der Wirtschaft zu ermöglichen. Und man schrieb den Banken vor, das Eigenkapital deutlich zu erhöhen und die Kosten zu senken, damit in einer nächsten Krise keine Pleitengefahr aufkommt. Die Folge war natürlich, dass diese in den Folgejahren nur bescheiden verdienen konnten. Das änderte sich erst nach der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg, als man zur Bekämpfung der explodierenden Inflation die Leitzinsen kräftig anhob. Auf einmal erhöhten sich die Zinsspannen und damit die Erträge der Banken kräftig. Doch die Angst davor, in eine neue Finanzkrise zu rutschen, hatte schon während der Pandemie dazu geführt, dass die EZB "Programme" auflegte, um den Geldinstituten zu helfen. Eines davon ("TLTRO") sah vor, dass die EZB extrem günstig Kapital zur Verfügung stellt, wenn dies als Kredit den Unternehmen weitergegeben wurde. Das Geld haben alle dankend angenommen, weitergegeben haben es nicht alle. In der Eurozone verschafften sich die Banken dadurch ein Körberlgeld in Milliardenhöhe. Zusätzlich profitieren sie von der noch immer hohen Zinsspanne. Kein Wunder, dass Europas Bankaktien im Vorjahr im Schnitt um 18% stiegen. Seit 2020 hat der Sektor am besten von allen Wirtschaftszweigen verdient.
Das dient als Argument, wenn man nun auch in Österreich einen (temporären) Beitrag von der Branche verlangt und auch bekommt. Er sollte nicht so hoch sein, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Banken gegenüber der ausländischen Konkurrenz geschwächt wird. Doch da fast alle EU-Staaten ein Budgetproblem haben, dürften noch mehrere (einige machen es schon) Regierungen auf die Idee kommen, sich Geld aus der Finanzbranche zu holen. Dass hingegen US-Banken viel besser verdienen und viel weniger Steuern zahlen, das ist eine andere Geschichte...
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