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Der Markt entzaubert die Populisten

100 Tage ist Donald Trump jetzt im Amt, und er hat enorm viel erreicht. Die Weltwirtschaft wird einen Knick bekommen, die Börsenkurse sind gefallen, die Inflation wird steigen. Putin fühlt sich schon als Sieger im Ukraine-Konflikt, China ist das primäre Feindbild der USA. Der Mann, der nach eigenen Angaben zwar "äußerst flexibel" ist, aber "seine Meinung nie ändert", hat aber schon etliche 180-Grad-Kehrtwendungen vollzogen.



Trump musste einen Rückzieher bei den Zöllen machen

Ein Teil der horrenden Zölle wurde zunächst einmal "ausgesetzt". Den Chef der US-Notenbank Fed will er nun doch nicht feuern (rechtlich geht das auch nicht), obwohl er ihn zuvor wochenlang beschimpft hatte. Das Treiben seines "Freundes" Elon Musk war ihm dann doch zu bunt und es dämmert ihm sogar, dass ihn die Russen an der Nase herum führen, weil sie gar keinen Frieden wollen. Lassen wir einmal beiseite, dass so nebenbei auch noch hunderte Klagen gegen Trumps Dekrete anhängig sind.


Die Auswirkungen auf die politische Landschaft in den Demokratien


Die ganze Welt darf in Reihe eins fußfrei zuschauen, was ein wild gewordener Populist so alles in Rekordzeit anstellen kann. Das hat einen großen Vorteil: Ein für demokratische Gesellschaften unglaublich wichtiger Lernprozess hat eingesetzt. Auf einmal erkennen auch notorische Nörgler und langjährige Protestwähler, dass es wohl doch nicht so gescheit ist, wenn Populisten an die Macht kommen und glauben das umsetzen zu müssen, was sie in ihren wilden Wahlkampfparolen versprochen haben. Die Auswirkungen wird man wohl bald in Europa bemerken. Meine Prognose ist, dass der unaufhaltsam scheinende Aufstieg der (Rechts-)Populisten damit zu Ende geht. Von AfD bis FPÖ, von Front National bis zur Lega Nord - ihre Bäume werden nicht in den Himmel wachsen. In Österreich sah man bei der Wien-Wahl bereits, dass die Blauen deutlich unter den Erwartungen abschnitten und sich wieder bei 20% einpendeln. Das ist natürlich nur ein Mini-Beispiel, aber andere werden folgen. In Kanada etwa hat sich die politische Stimmung dank Trump total gedreht, weg von der (rechts-)konservativen Partei. Eine Rolle spielt natürlich auch, dass inzwischen alle Parteien erkannt haben, dass man der Migration nicht freien Lauf lassen darf.


In den USA kann niemand gegen die Börsen regieren


Doch zurück zu unserem US-Freund. Seine Meinungsschwenks haben nichts damit zu tun, dass er vielleicht Fehler eingesehen hat oder klüger geworden ist. Er wurde einfach gezwungen, und zwar von "den Märkten", wie es so schön heißt. Da in den USA die Pensionen der Menschen an die Entwicklung der Börsen gekoppelt sind kann sich kein Präsident leisten, dauerhaft für eine Talfahrt der Kurse verantwortlich zu sein. Noch viel dramatischer und entscheidender für Trumps Kehrtwende war aber die Entwicklung der Anleihenmärkte: Die USA sind hoch verschuldet (37.000 Milliarden Dollar!), in Europa hätten sie wohl dauerhaft ein "Defizitverfahren" am Hals. Doch bis jetzt wurde das toleriert, weil sie die größte Wirtschaftsmacht sind und der Dollar die Weltwährung ist. Aber schon jetzt geben die Amerikaner jährlich mehr Geld für die Zinsen ihrer Schulden aus als für Rüstung!


Das drohte sich durch die Trump-Politik jetzt gefährlich zu verschärfen. Denn die Aussicht auf einen Handels- und Währungskrieg mit seinen absehbaren negativen Folgen für die Wirtschaft ließ die Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen steigen (auf fast 5% zwischendurch). Das bedeutet, dass die USA höhere Zinsen bei der Aufnahme neuer Schulden zahlen müssten, weil das Vertrauen der Investoren sinkt. Da es hier um gigantische Beträge in dreistelliger Milliarden-Höhe geht, wäre das eine Bedrohung der gesamten Staatsfinanzierung. Das hat sogar Donald Trump verstanden und zurückgerudert.


Ein New Yorker Professor klärte übrigen darüber auf, dass das hohe Handelsbilanzdefizit der USA, mit dem die neuen Zölle begründet werden, nichts mit einer "Abzocke" durch die Europäer, Chinesen und andere zu tun haben. Man würde schlicht jedes Jahr mehr konsumieren und investieren, als man produziert, und muss daher importieren. Das würde er an Tag zwei seiner Vorlesung in Internationaler Geldwirtschaft unterrichten. Das Problem sei aber, dass "Trump es nie bis zum Tag zwei geschafft hat."

 
 
 

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