"Ah, du fährst jetzt ein E-Auto als Firmen-Fahrzeug," frage ich meinen Freund. "Nein, meiner ist in der Werkstatt und da hab ich den VW ID.4 jetzt bekommen, quasi zum Probefahren." Und er fügt hinzu: "Die Autohändler werden sie nicht los, jetzt geben sie schon ordentlich Rabatte." Tatsächlich hat sich zuletzt einiges geändert, sodass die Euphorie bei E-Autos einer neuen Realität gewichen ist: In Deutschland hat die Regierung die Förderungen gestrichen. Daher sieht man laut Medienberichten bei Modellen des Marktführers VW bis über 7000 Euro Nachlass, beim Billiganbieter Dacia (Renault) gleich 10.000 Euro. In Österreich gibt es heuer beim Kauf noch "bis zu 5000 Euro" vom Staat für Privatpersonen, die Details sind (noch) nicht bekannt. Trotzdem haben die Händler mit Rabatten begonnen, um den Verkauf anzukurbeln. Denn bis jetzt sind es hauptsächlich Firmen und öffentliche Einrichtungen, die elektrisch fahren. Private halten sich zurück.
Der Traum vom raschen Siegeszug der Elektromobilität ist längst zerplatzt. Die "E-Nüchterung", so formulierte es eine angesehene deutsche Wochenzeitung, hat voll eingesetzt. Sieben Gründe sind dafür verantwortlich:
Das Reichweitenproblem. Ähnlich wie bei den Angaben zum Spritverbrauch von Benzinern und Dieselfahrzeugen schummeln die Hersteller bei E-Autos. "400 km Reichweite" sind möglich, solange es nicht zu kalt ist, der Wagen nicht voll beladen ist und man möglichst nicht zu schnell fährt. Im Winter mit vier Personen auf Skiurlaub fahren ohne Lade-Stopp ist riskant, berichten Betroffene.
Das Batterieproblem. Wer bei der Firma oder beim eigenen Haus aufladen kann, am besten über Nacht, der hat es gut. Doch in der Stadt hat das ganze seine Tücken. In Mehrparteienhäuser sind Ladestationen oft undenkbar. Auf der Straße muss man bedenken - so man einen Platz findet - dass man rechtzeitig wieder wegfährt, wenn man voll ist, denn Gratisparken an der Stromsäule ist nicht erlaubt. Wenn man am Land unterwegs ist, sieht es mit der entsprechenden Infrastruktur nicht so gut aus. 35 Minuten warten und in der Zwischenzeit einen Kaffee trinken mag für viele noch akzeptabel sein. Doch wehe, wenn die Ladeplätze schon besetzt sind...
Das Tarifchaos. Bei jeder Tankstelle kann man in riesigen Lettern lesen, wieviel ein Liter Sprit kostet. Bei der Kilowattstunde Strom fürs Auto ist es unmöglich, diese Frage in einem Satz zu beantworten. Wer sich diesen Tarifdschungel ausgedacht hat, der wollte wohl dazu beitragen, dass möglichst viele nie ein Elektroauto kaufen. Einmal wird nach Strommenge, dann nach Ladezeit abgerechnet. Jeder Energieanbieter hat dazu seinen eigenen Tarif und bietet eigene Ladekarten an. Es gibt verschiedene Steckertypen. Jetzt gibt es zwar eine eigene App, mit der man feststellen kann, wo man am besten hinfährt, wenn man keinen Saft mehr hat. Ist das Leben nicht schon kompliziert genug?
Fahren wurde teurer. Am Anfang wurde argumentiert, dass Elektroautos deswegen mehr kosten, weil der Strom so billig ist und man sich im Vergleich zum Tanken viel Geld erspart. Das hat sich spätestens seit Beginn des Ukraine-Krieges gewaltig verändert. Elektrizität ist teurer geworden. Zwar sind die absurden Spitzenpreise passe, aber so billig wie früher wird es nie mehr. Je nach Batteriegröße und Ladestand kann das "Volltanken" eines E-Autos bis zu 50 Euro kosten. Wer sich ein teures Tesla-Luxusgefährt leistet, darf übrigens auch nicht mehr wie noch vor ein paar Jahren gratis an deren eigenen Stationen laden.
Zu hohe Preise. Generell ist das Konzept der europäischen Autoindustrie nicht aufgegangen: Die Idee war, man bringt eine neue Technologie, die umweltfreundlich und aufgrund der überall propagierten Energiewende auch unausweichlich ist. Daher kann man höhere Preise für Neuwagen verlangen. Die (privaten) Konsumenten spielten da aber nicht mit. In aktuellen Umfragen geben sie an, dass sie bereit wären, "maximal 30.000 Euro" für ein E-Auto zu zahlen. Solche Modelle sind am Markt rar, aber vielleicht nicht mehr lange. Denn die chinesische Autoindustrie, angeführt von der Marke BYD ("build your dreams"), drängt bereits massiv nach Europa. Ob es zu einem Preiskampf kommen wird (derzeit sind die China-Autos nur wenig billiger als die Konkurrenz) oder sich die EU mit Zöllen gegen Billigimporte schützen wird ist offen.
Die Technologie-Frage. Autos mit (emissionsärmeren) Verbrenner-Motoren werden noch lange auf unseren Straßen fahren, darin sind sich Experten einig. Doch wie sieht die Antriebsart der Zukunft wirklich aus? Werden Wasserstoff-Autos serienfähig? Können künftige Batterie-Generationen 1000 km fahren? Kommt eine völlig neue Technologie? Die Entwicklung geht auf jeden Fall rasant voran. Viele Konsumenten denken sich daher, sie warten einmal ab, was sich durchsetzen wird, und stellen den Kauf eines neuen Autos einmal hinten an.
Politische Entscheidungen. In der EU gab schon einen Anlauf, Verbrenner ab einem gewissen Datum zu verbieten. Daraus wurde (vorerst) zwar nichts. Aber es gibt Ideen, z. B. in Großstädten nur mehr emissionsfreie Fahrzeuge zuzulassen. Dafür ist die anfängliche Euphorie, bald selbstfahrende Autos zuzulassen, inzwischen verflogen. Doch wer weiß, was der Politik in Sachen Mobilität noch einfallen wird.
Auf jeden Fall sind die Jubelmeldungen, die regelmäßig über den Anstieg der E-Auto-Flotte verbreitet werden, mit Vorsicht zu genießen. Der Anteil der rein elektrischen Pkw-Neuzulassungen in Österreich betrug letzten November 23%. Wieviele davon private Käufer waren ist offiziell nicht bekannt. Ob dieser Technologie nach der allmählichen "E-Nüchterung" noch der große Durchbruch in Europa gelingen wird, oder sie von etwas Neuem abgelöst wird - das bleibt eine spannende Frage.
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