In der letzten Woche mussten wir uns von gleich von drei bedeutenden Persönlichkeiten verabschieden. Claus Raidl, Josef Taus und Hannes Androsch standen stellvertretend für eine aussterbende Spezies: Den erfolgreichen Manager und Unternehmer, der gleichzeitig auch in der Politik tätig war und hier wie dort große Fußspuren als "Macher" hinterlassen hat, findet man heutzutage immer seltener. Das ist einer der Gründe, warum (zu Recht) beklagt wird, dass der heutigen Generation an der Spitze der politischen Parteien die Persönlichkeiten fehlen.
Ein kurzer Blick zurück: In Top-Positionen der SPÖ fand man früher ehemalige Manager wie Franz Vranitzky (Länderbank), Viktor Klima (OMV) oder Rudolf Streicher (AMAG). Hannes Androsch war ein Sonderfall, weil er zuerst als junger Hoffnungsträger der Partei zum Finanzminister aufstieg und erst danach Karriere als Unternehmer machte. Die ÖVP machte einst den früheren Banker Josef Taus zum Parteiobmann, der erst danach eine Firmengruppe aufbaute. Claus Raidl stand für eine Gruppe prominenter Wirtschaftsvertreter, die zwar der Partei nahestanden und durchaus Einfluss hatten, aber selber immer eine direkte Funktion ablehnten (er war in seiner "Pension" aber immerhin zehn Jahre Präsident der Nationalbank, was in Wahrheit auch eine politische Funktion ist). Auch heute gibt es noch jede Menge der ÖVP nahestehende Unternehmensführer. Doch an der Spitze der "Schwarzen" standen meist Berufspolitiker wie Schüssel oder Molterer oder Kurz, heute Nehammer.
Quereinsteiger wollen sich die Politik nicht mehr antun
Versuche, Top-Manager oder Eigentümer großer Unternehmen als "Quereinsteiger" in die Politik zu holen sind in letzter Zeit immer öfter gescheitert. Einzig Martin Kocher ließ sich zu einem (temporären) Wechsel überreden, er war vorher auch "nur" Wirtschaftsforscher. Die Unterschiede in der Kommunikation zwischen Politik und Privatwirtschaft hat Josef Taus (manche schreiben das Zitat auch Hannes Androsch zu) mir gegenüber einmal so beschrieben: "Als Unternehmer darfst Du erst gackern, wenn die Eier gelegt sind. Als Politiker musst Du schon vorher gackern." Mit dieser Umstellung werden viele noch leben können, aber es gibt noch andere Gründe, warum kaum jemand mehr seinen Top-Job in der Privatwirtschaft gegen ein Ministeramt oder den Parteivorsitz tauschen will:
1) Finanziell wäre es ein deutlicher Abstieg, über eine Ministergage von rund 250.000 Euro brutto im Jahr kann der Vorstand eines großen Konzerns nur lachen.
2) Ohne Rückhalt in den Parteiapparaten stehen Quereinsteiger auf verlorenem Posten, wenn es um die Durchsetzung von Inhalten geht. Da scheut sich so mancher davor, der es gewohnt ist, Entscheidungen zu treffen und in seinem Betrieb durchzusetzen.
3) Ständige Social Media-Präsenz, Auftritte in diversen TV-Sendern, Interesse am Privatleben - das muss man in der Politik alles mitmachen, sonst ist man verloren.
Berufspolitiker und Apparatschiks dominieren die Parteien
Der Mangel an unternehmerischen Persönlichkeiten in der Politik führt dazu, dass die Parteien hauptsächlich von Berufspolitikern und Apparatschiks geführt werden. "Da entscheiden Leute, die selber noch nie ein Unternehmen geführt oder in einem gearbeitet haben," lautet eine oft vorgebrachte Kritik. Im Small-Talk in Manager- und Experten-Kreisen wird die mittlerweile oft fehlende Wirtschaftskompetenz bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und den Grünen bemängelt. Das führt uns zurück zum Anfang: Wenn keine Persönlichkeiten mit entsprechender Erfahrung bereit sind, sich der Politik zur Verfügung zu stellen - na woher soll das Know-How dann kommen? Früher vertraute man auch auf die "Kaderschmieden", für die Roten Arbeiterkammer & Co., für die Schwarzen Wirtschaftsbund und Politische Akademie. Diese Quellen haben FPÖ, Neos und Grüne kaum. Die generell große Unzufriedenheit mit der Politik hat eine ihrer Wurzeln darin, dass viele Wähler nicht das Gefühl haben, dass es eine Auswahl an echten Persönlichkeiten und Machern gibt, denen sie am Wahltag ihre Stimme geben können...
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